CAR DER GUTEN HOFFNUNG. BMW 1800 SA.

Anfang der 60er-Jahre kämpfte sich BMW mit neuen Modellen erfolgreich aus der Krise. Die ab 1966 startende 02-Reihe als weiteres Volumenmodell brachte noch nie dagewesene Stückzahlen. Der Platz wurde knapp, BMW musste wachsen. Die hochverschuldete Hans Glas GmbH im bayerischen Dingolfing bot die Möglichkeit, das Werk in München durch einen weiteren, nicht allzu fernen Produktionsstandort zu entlasten und dringend notwendige neue Kapazitäten zu schaffen. 1966 wurde Glas von BMW übernommen.

Der Glas 1700 erschien 1964 und wurde von der Fachwelt sehr positiv aufgenommen. Das lag vor allem an seiner von Pietro Frua in Turin gestalteten Karosserie, die in ihrer kompakten und sportlichen Art der zwei Jahre vorher präsentierten „Neuen Klasse“ von BMW in Anspruch und Zielgruppe ähnelte. Sie trug sogar den gleichen markanten „Knick“ in der C-Säule. Hubraum und Leistung waren ebenfalls ähnlich: Als 1700 leistete der Glas 80 PS, als TS mit Zweivergasermotor bereits 100 PS.

Altlasten und Investitionszwänge.
Glas aber kämpfte mit einem Schuldenberg, der sich kaum abtragen ließ. Gewinne mussten in neue Modelle investiert werden, um nicht den Anschluss am Markt zu verlieren. Die Produktionsanlagen waren veraltet, teilweise improvisiert, es fehlte frisches Kapital. 1966 wurde der Verkauf unabwendbar, sonst blieb nur der Konkurs. Für BMW bot sich ein idealer neuer Standort nahe genug dem Stammwerk in München, hinzu kam der qualifizierte und bestens eingearbeitete Mitarbeiterstamm. 1967 wurde die Produktion des Glas 1700 eingestellt, für BMW machte die Fortführung dieses Typs neben den eigenen, sich bestens verkaufenden Modellen 1800 und 2000 keinen Sinn.

Tschüss Deutschland – ein Auto wandert aus.
Doch es fand sich ein Interessent, der den ja im Grunde sehr gelungenen Glas in eigener Regie weiterbauen wollte: Johannes Hermanus Pretorius aus Südafrika. Bis die kompletten Produktionsanlagen des Glas schließlich nach Südafrika gebracht worden waren, montierte man bereits sogenannte CKD-Bausätze („completeley knocked down“). So umging man auch die hohen Schutzzölle, die auf komplett importierte Autos erhoben wurden. Nur die Motoren und Getriebe fertigte man nicht selbst, sie wurden aus München angeliefert, der 1800er Vierzylinder mit 90 PS passte ja perfekt. Optisch erkennt man die südafrikanischen Glas BMW natürlich gleich an der obligatorischen Rechtslenkung. Ansonsten unterscheiden sie sich eigentlich nur durch die BMW-Embleme und den Schriftzug auf der Kofferraumhaube. Es gab sogar noch eine kleine Fertigung im benachbarten Rhodesien (heute Simbabwe). Diese Wagen trugen den Namenszusatz „Cheetah“.

Wachsen und gedeihen.
Schon bald nach Anlauf der Produktion stellte man dem BMW 1800 SA den stärkeren BMW 2000 SA zur Seite. Erst 1973 überarbeitete man die Karosserie und gab ihr eine den damaligen BMW Modellen angeglichene Frontpartie. Diese Modelle nannten sich nun BMW 1804 SA und BMW 2004 SA. BMW übernahm 1974 das südafrikanische Werk komplett und produzierte jetzt auch die 5er-Reihe.

1974 endete die Produktion des viertürigen Glas, der zum BMW wurde. Knapp 10.000 Stück sind wohl entstanden. Mit ein wenig Glück entdeckt man sogar heute noch einen auf den Straßen am Kap. Längst genießt er natürlich auch dort Oldtimerstatus, bei uns ist er den meisten unbekannt, ein echter Exot. Der Glas BMW legte die Basis für den hervorragenden Markenruf, den BMW heute in Südafrika genießt. Und er erzählt eine spannende Geschichte vom wechselvollen Schicksal einzelner Automodelle in Zeiten rascher Veränderungen.

Der BMW 1800 SA war ein exklusives und teures Fahrzeug für den eher kleinen südafrikanischen Automobilmarkt.

Der BMW 1800 SA war ein exklusives und teures Fahrzeug für den eher kleinen südafrikanischen Automobilmarkt. Er bildete die Grundlage für das spätere BMW Engagement im Land.

Die kompletten Produktionsanlagen für den Glas 1700 wurden 1968 nach Südafrika gebracht und ließen dort den BMW 1800 SA entstehen.

Die kompletten Produktionsanlagen für den Glas 1700 wurden 1968 nach Südafrika gebracht und ließen dort den BMW 1800 SA entstehen. Motor und Getriebe vom BMW 1800 kamen aus München.

Der Glas, der in Südafrika immer mehr zum BMW wurde.

Der Glas, der in Südafrika immer mehr zum BMW wurde. Hier in der ab 1973 gebauten Facelift-Version 1804 SA und 2004 SA.

1973 wurde vor allem die Frontpartie den übrigen BMW Modellen angeglichen. Am Heck änderte sich dagegen nur wenig.

1973 wurde vor allem die Frontpartie den übrigen BMW Modellen angeglichen. Am Heck änderte sich dagegen nur wenig.

Studie eines Facelift-Modells 1970.

Studie eines Facelift-Modells 1970. Gebaut wurde der Wagen in dieser Form ab 1973 unter der neuen Modellbezeichnung 1804 SA und 2004 SA.

Dieselbe Studie von 1970 aus der Heckperspektive.

Dieselbe Studie von 1970 aus der Heckperspektive. Hier noch mit dem Schriftzug 2000 SA. In der Serie hieß das überarbeitete Modell später dann 2004 SA.

Von vorne erinnert der 2004 SA an den 2500/2800 (E3), aber auch an die CS-Modelle.

Von vorne erinnert der 2004 SA an den 2500/2800 (E3), aber auch an die CS-Modelle.

BMW 1800 SA mit deutscher Zulassung im Werk in München 1968.

BMW 1800 SA mit deutscher Zulassung im Werk in München 1968. Beim asymmetrischen Abblendlicht mussten Teile des Scheinwerfers abgeklebt werden, wenn der Wagen von Links- auf Rechtsverkehr wechselte.